Alkohol: So wirkt er – Eric probiert´s aus

Shownotes

Irgendwie scheint Alkohol für viele Erwachsene einfach so dazu zu gehören - beim Feiern oder manchmal auch einfach so zum Abendessen. Dabei verändert er die Menschen, die ihn trinken, ganz schön doll, und das fällt vor allem denen auf, die selbst gar keinen Alkohol trinken: Kindern. Um für alle sicht- und messbar zu machen, wie genau Alkohol wirkt, wagt Eric in dieser "Wissendrin"-Folge ein Selbstexperiment, in dem er sich unter Aufsicht von Sucht-Mediziner Dr. Christian Wisch betrinkt. Schnell zeigen sich die ersten Effekte: auf die Stimmung, vor allem aber auch die Leistungsfähigkeit und den Gleichgewichtssinn.

Das Interessante ist: Auch wenn Eric die ihm gestellten Aufgaben in jeder Runde - mit immer mehr Alkohol im Blut - schlechter meistert, hat er das Gefühl, immer besser zu werden. Er erlebt also eine Wirkung von Alkohol ganz unmittelbar: dass man sich in betrunkenem Zustand leicht selbst überschätzt - ganz schön unangenehm für Eric, sich das im Nachhinein für den Podcast alles nochmal anzuschauen und euch zu erzählen.

Eine andere Wirkung des Konsums kennt Laura: Alkohol macht abhängig, also süchtig. Laura ist 29 Jahre jung und trinkt heute überhaupt keinen Alkohol mehr, weil sonst die Gefahr groß wäre, dass sie rückfällig wird. Früher trank sie nämlich so oft und viel, dass ihr Körper das Betrunkensein irgendwann für den Normalzustand hielt und ohne Alkohol schnell Alarm schlug: "Das muss man sich vorstellen, wie einen ganz, ganz starken Juckreiz, nur zwanzigmal schlimmer", erzählt sie Eric, als sie sich in Berlin treffen. Die beiden sprechen darüber, wie alles anfing, aber auch, wie Laura es geschafft hat, heute wieder ein normales Leben zu führen.

Am Ende ist klar: Dass Alkohol in unserer Gesellschaft so normal ist, ist eigentlich ein Problem - denn nicht jeder kann mit diesem Gift umgehen. Denn genau das ist Alkohol letztlich: ein Gift, das nicht nur unser Gehirn bei der Arbeit stört, sondern das unsere Leber mühsam wieder abbauen muss. Wie das abläuft - auch das erfahrt ihr in dieser Folge, in der Rubrik "Besserwissendrin".

Diesen Podcast und viele TV-Folgen der Sendung PUR+ findet ihr auf https://www.zdf.de/kinder/purplus

"PUR+ Wissendrin mit Eric" ist eine Produktion von Kugel und Niere - im Auftrag des ZDF - und der Redaktion PUR+

Moderation: Eric Mayer
Gast/Experte: Dr. Christian Wisch
Autorinnen dieser Folge: Brigitte Böttcher, Lena Kohlwes, Sandra Palm
Sounddesign: Joscha Grunewald
Produktionsleitung Kugel und Niere: Michael Bartlewski
Redaktion Kugel und Niere: Lena Kohlwes
Produktionsmanagement ZDF: Markward Barollo, Sylvia Wahmes
Redaktion: Brigitte Böttcher, Susanne Dittebrand
Leitung der Sendung: Silke Penno
Kontakt: wissendrin@zdf.de

Transkript anzeigen

Hi Leute, hier ist Eric. Sagt mal, ihr habt doch bestimmt schon mal mitbekommen, wie Erwachsene Alkohol trinken. Bei Volksfesten, auf Geburtstagen, oder auch zum Abendessen.

Irgendwie gehört der für viele einfach so dazu. Dabei kann das Zeug die Menschen ganz schön verändern. Und das fällt vor allem denen auf, die selbst gar keinen Alkohol trinken: Kindern. Wir haben mal ein paar von euch gefragt: Woran erkennt ihr es, wenn Leute betrunken sind?

Manchen geht’s auch ganz schlecht und denen ist dann übel. Man erzählt Witze, die eigentlich gar nicht witzig sind und man verhält sich einfach komisch, weil man wirr im Kopf ist. Und wenn die dann zum Beispiel betrunken sind dann sind die auch so ein bisschen finde ich eingenebelt in ihre eigene Welt

Wie genau Alkohol wirkt und welchen Einfluss er auf unser Verhalten und unsere Leistungsfähigkeit hat - das will ich in dieser Folge mit euch herausfinden. Dafür starte ich ein Alkohol-Selbstexperiment! Und wir treffen Laura. Die kennt eine Wirkung von Alkohol nur zu gut: er kann süchtig machen.

Man muss sich das vorstellen wie so nen richtig richtig starken Juckreiz.

Ihr hört Wissendrin, den Podcast von PUR+. Mit mir, Eric. Ich bin auf der Suche nach Antworten, die sich oft nur durch Ausprobieren finden lassen. Meine Mission: Was andere nur wissen, will ich - mit euch - erleben.

So und mit dem Erleben fangen wir direkt an! Ich war dafür am Zentralinstitut für Seelische Gesundheit in Mannheim, beim Suchtmediziner Dr. Christian Wisch. Er hat mich bei meinem Selbstexperiment unterstützt. Ich erzähl euch jetzt mal ganz genau, wie das ablief. Dafür schau ich mir die Aufnahmen von dem Tag mit euch nochmal an – ey und Leute, ich hab ein bisschen Schiss davor. Wie ist es, mir jetzt im Nachhinein selbst beim betrunken werden zuzugucken? Kleiner Spoiler: an manches, was ich da gesagt und gemacht habe, kann ich mich gar nicht mehr erinnern. Gut, dass es die Aufnahmen gibt. Aber der Reihe nach.

An diesem Tag steht für mich vor allem eins an: Trinken!

Und dann machen wir verschiedene Tests, um zu gucken, wie mein Körper sich verändert, wie meine Persönlichkeit sich auch verändert, meine Reaktionsfähigkeit.

Genau.

Dr. Wisch ist ungefähr in meinem Alter, trägt ein buntes Hemd und ich verstehe mich mit ihm direkt gut. Er zeigt mir eine nachgebaute Kneipe mitten in der Klinik, so richtig mit Theke und Barhockern. Die wird normalerweise dazu genutzt, um mit Alkoholsüchtigen in so einer typischen Trink-Umgebung zu üben, gerade KEIN Bier oder sowas zu bestellen. Ich nutze die Kulisse heute mal für das Gegenteil.

Bevor es ans Trinken geht, lässt Dr. Wisch mich aber erstmal ein paar Tests und Aufgaben machen - um später einen Vergleich zu haben, wenn ich dann dieselben Sachen nochmal unter Alkoholeinfluss probiere. Los geht’s - komplett nüchtern - mit Test 1!

Balancieren

Auf dem Boden hat Dr. Wisch einen dicken Streifen Kreppband festgeklebt. Und über den soll ich jetzt balancieren.

Die Füße ruhig richtig aneinander. Also Ferse an Zehenspitze.

So?

Genau.

Easy, das ist gar kein Problem für mich!

Test 2: Reaktionsgeschwindigkeit.

Dr. Wisch drückt mir ein Tablet in die Hand, auf dem ein roter Punkt leuchtet. Wenn der Punkt grün wird, muss ich so schnell wie möglich reagieren und auf das Tablet tippen! Das Gerät misst dann auf die Millisekunde genau, wie schnell ich reagiert habe. Auch das fällt mir leicht: meine Reaktionszeit beträgt ultrakurze 267 Millisekunden.

Da bin ich noch unter einer halben Sekunde.

Hm!

Find ich nicht schlecht.

Test 3: Merkfähigkeit

Jetzt bekomme ich eine Abfolge von Tönen vorgespielt und muss die richtigen Töne auf einem kleinen Controllpad nachspielen. Dabei wird die Tonreihe immer länger!

Argh! Mist!

Also 9 Runden geschafft, in der 10. gescheitert.

Test 4: Fahrrad fahren

Auf dem Dach des Instituts hat Dr. Wisch einen Fahrradparcours mit weichen Kunststoffhindernissen für mich aufgebaut.

Ja, das ist machbar!

Auch dieser Test ist kein Problem für mich.

Das war der letzte Test. Dann würde ich jetzt sagen, gehen wir was trinken.

Denn jetzt wollen wir ja wissen: fallen mir diese Aufgaben immer noch so leicht, wenn ich Alkohol im Blut habe?

Also es geht los mit einem grünen Waldmeisterlikör.

Dazu gibt’s dann noch Himbeeren, Maracuja und nochmal Waldmeisterlikör.

Ziemlich süß auch! Aber ich denke gerade auch für jüngere Leute, die vielleicht noch nicht so viel Alkohol getrunken haben oder damit zum ersten Mal in Kontakt kommen, ist ein bisschen auch ne Gefahr, oder? Also weils einfach so schmeckt, wie so’n Bonbon!

Und weil das noch nicht reicht, trinke ich dann sogar noch Vodka hinterher! Der hat eine noch höhere Alkoholkonzentration als die süßen Liköre.

Wie fühlst du dich?

Also ich merks, glaub ich.

Was genau?

Was heißt glaub ich, ich merk’s auf jeden Fall. Es ist so… ich weiß nicht, so wolkig so ein bisschen. Also es wird alles so ein bisschen weicher. Ja so ein bisschen happy fühl ich mich.

Genau. Das ist die in Anführungszeichen “gute” Seite von Alkohol. Deswegen trinkt man. Alkohol entspannt, Alkohol dämpft. Alkohol macht den Stress ein bisschen kleiner. Man traut sich vielleicht mehr Sachen.

Und manche Leute werden vielleicht auch so ein bisschen, äh, alberner. Oder wie wirkt dieser angeheiterte Eric auf euch? Ihm - also mir - kommt auf einmal so etwas Banales wie der Check des Alkoholpegels mit dem kleinen Messgerät irgendwie ulkig vor. Hört mal hier:

Weißt du noch, wie’s geht?

Pusten?Bis es aufhört zu piepen.

Das ist schon auffällig, wie viel du jetzt lachst.

Aber es ist doch auch nett mit dir (lacht). Ja egal, ich puste jetzt mal.

Puh!

Und wir stehen bei 0,62!

Irgendwie klingt’s viel. Ich weiß gar nicht, ist es viel?

Es ist schon viel. Autofahren dürftest du nicht mehr.

Und wenn ich mir jetzt so diese Aufnahmen vom Experiment anhöre, finde ich - also der nüchterne Eric - das schon alles ein wenig befremdlich. Ich nehme in dem Zustand da irgendwie nichts mehr ernst und kichere die ganze Zeit.

Es ist schon witzig. Ein bisschen witzig find ich’s jetzt auf einmal.

Ja.

Das ist auch so ein Effekt, oder? Dass man das plötzlich so lustig findet.

Den Balance-Test kriege ich dann zwar noch gut hin, aber schon beim Reaktionstest merkt man den Einfluss vom Alkohol deutlich.

Okay! 321 Millisekunden!

Das ist schlechter als vorher.

Ist schlechter als vorher.

Ich hab sogar gedacht, es wär besser.

Hahah!

Krass

Überschätzung, Selbstüberschätzung. Ganz typischer Effekt von Alkohol.

Beim Gedächtnistest schneide ich dann auch schlechter ab. Statt 9 Runden schaffe ich nur noch 7.

Ich war einfach schlechter. Aber es war lustiger!

Und dann soll ich ja auch noch Fahrrad fahren…

Let’s go! So, einmal mitten durch. Und hier einmal schön durch die Mitte. Argh! Also ich merke schon, es fällt mir schwerer, aber ich zieh’s einfach mal durch.

Also so richtig souverän schaffe ich den Parcours nicht…

So ein bisschen angedätscht…

Einmal angeditscht. Das war jetzt weich und hat nachgegeben. Wenn das ein Bordstein gewesen wär, sähe es vielleicht anders aus.

Na ja, komm. Wir trinken noch einen.

So machen wir's.

Bevor Dr. Wisch und ich aber die nächste Runde des Experiments starten, klären wir wir erstmal, was Alkohol eigentlich mit uns macht. Also warum ich mich in dem Experiment so verhalte, wie ich mich verhalte.

Wenn wir Alkohol trinken, gelangt dieser durch die Schleimhäute in Mund, Magen und Dünndarm in den Blutkreislauf und verteilt sich dann mit dem Blut im ganzen Körper. So erreicht er recht schnell alle Organe inklusive des Gehirns, wo seine berauschende Wirkung einsetzt.

Ja und wie die sich anfühlt, das haben wir vorhin ja miterlebt. Einerseits fühlen wir uns gut. Das liegt daran, dass der Alkohol im Belohnungszentrum des Gehirns die Ausschüttung vom Botenstoff Dopamin auslöst. Und das sorgt wiederum dafür, dass wir uns locker und selbstbewusst fühlen! Aber das ist leider nicht alles: Alkohol stört auch die Nervenzellen im restlichen Gehirn! Deshalb denken wir dann langsamer, unsere Reaktionszeit verlängert sich und der Gleichgewichtssinn lässt nach - darum torkeln und stolpern Betrunkene oft. Kurz gesagt: Alkohol behindert unser Gehirn massiv bei der Arbeit. Auch das habe ich schon in der ersten Runde des Selbst-Experiments am eigenen Leib erfahren. Aber ich sag mal: krasser geht immer - hier kommt Runde zwei……

Zurück an der Theke trinke ich noch mehr Likör und Vodka, bis das Alkoholmessgerät irgendwann anzeigt:

1,12 Promille!

Über 1! Ist schon viel, oder?

Also das ist ein sehr hoher Wert.

Puh!

Und jetzt Leute, wird’s mir echt unangenehm. Denn ich steh voll neben mir und verhalte mich auch ziemlich komisch - um nicht zu sagen: total peinlich. Schaut mal hier - äh ich meine natürlich hört… Jedenfalls, da will Dr. Wisch mit mir zum Klebestreifen auf dem Boden gehen - ihr wisst schon, der zum Testen meines Gleichgewichtssinns - und ich kann mich kaum noch im Raum orientieren!

Wir gehen einmal wieder vor die Bar.

Das war hier vorne. Das… ähm.. ja

Genau, bleib mal rechts von mir stehen.

Es ist… ich bin einfach jetzt betrunken.

Und auch der Test selber läuft, nun ja… irgendwie torkelig.

Das ist superschwierig (lacht). Ich muss mich wirklich am Kamerastativ festhalten!

…denn sonst wäre ich schlicht hingefallen! Ich kann echt nicht mehr geradeaus laufen! Irgendwie ganz komisch, sich selbst in so einer Situation zu sehen. Jetzt kommt wieder der Reaktionstest, wo ich immer drücken muss, sobald der grüne Punkt erscheint. 267 Millisekunden habe ich nüchtern gebraucht, 321 Millisekunden mit 0,62 Promille…. Und jetzt?

408 Millisekunden!

What! Es ist wirklich nochmal schlechter geworden.

Hier kann man gut sehen, dass mit steigendem Alkoholspiegel deine Reaktionszeit immer schlechter wird.

Aber weißt du, was ich krass finde? Es fühlt sich überhaupt nicht so an!

… und beim Gedächtnisspiel sieht es nicht besser aus.

Hä? Das war doch zwei Mal gerade.

Ne, das war nur einmal.

Neee, moment.

Ihr merkt vielleicht: von außen betrachtet ist ganz klar, dass ich all diese Tests nicht mehr gut hinkriege. Und man merkt auch total, dass ich nicht wirklich konzentriert bin. Aber das verrückte ist: in diesem betrunkenen Zustand hat sich das für mich ganz anders angefühlt! Ich dachte, ich mache die Tests supergut, sogar besser als nüchtern! Das ist das Gefährliche an Alkohol: Wir können weniger, trauen uns aber mehr zu - und überschätzen uns deswegen total! Und das ist gerade im Straßenverkehr gefährlich. Warum, das, sehen wir beim Fahrradtest auf dem Dach.

Bevor du jetzt wieder fährst, ist es mir ganz wichtig, einmal gesagt zu haben, dass du hier jetzt nicht am Straßenverkehr teilnimmst. Weil das könnte ich dir nicht mehr erlauben.

Ne. Ich würde lustigerweise sagen, alles easy.

Wir werden sehen.

Du sagste eeehhh

Bei dir muss man so ein Fragezeichen hinten dran machen? Wir gucken mal! Der Parcours, hat sich ja nicht geändert. Ich hab mich so ein bisschen geändert.

Huch, da bin ich fast schon wieder umgekippt und konnte mich gerade eben so festhalten. Ganz unangenehm, wie Dr. Wisch als Experte sagt, dass ich nicht mehr fahrtüchtig bin und ich ihm das in diesem Moment gar nicht richtig glauben will… als wäre ich da wirklich der Meinung, es besser zu wissen als er! Aber schauen wir mal, wie ich mich auf dem Parcours schlage.

Also 3,2,1, Go!Let’s go! So… ich sehe vor mir zwei halbrunde Dinger und da geh ich mittendurch. Das war fast gut!

Na ja. Die Wirklichkeit sieht anders aus. Der Parcours besteht ja aus verschiedenen Schaumstoffhindernissen in verschiedenen Formen und Farben. Und da muss ich drumherum fahren, an einer Stelle muss ich das Fahrrad auch zwischen zwei Hindernissen durchmanövrieren. Und die Lücke dazwischen kommt mir in diesem Durchgang irgendwie VIEL schmaler vor - weil ich eben, anders als in Runde 1, echt große Schwierigkeiten hab, da durchzufahren, ohne umzukippen. Und dann - ihr ahnt es schon - fahre ich auch noch volle Kanne gegen eins der Hindernisse! Glück gehabt, dass das Teil nur aus Schaumstoff ist und einfach vom Fahrrad weggegkickt wird. Sonst hätte ich mich jetzt auf jeden Fall einmal komplett langgelegt. Würde ich in diesem Zustand Fahrrad, E-Scooter oder im schlimmsten Fall sogar Auto fahren, würde ich nicht nur mich, sondern auch andere krass in Gefahr bringen.

Leute, ich kann nicht mehr!

Immerhin das habe mal richtig erkannt. Mir hat’s dann aber auch echt gereicht. Und ich glaube, das Ergebnis ist ziemlich eindeutig: Auch wenn ich am Anfang mit dem Alkohol lustig drauf war, so richtig ich selbst war ich schon nach kurzer Zeit nicht mehr. In der letzten Runde war ich dann mit den einfachsten Aufgaben total überfordert. Mein eigener Körper hat mir nicht mehr gehorcht. Und das war gar kein gutes Gefühl - und ist es im Nachhinein noch weniger, wenn ich mit nüchternem Kopf und Blick drauf gucke.

Allerdings, der ganze Alkohol, den ich beim Experiment getrunken habe, der musste dann ja auch erstmal von meinem Körper abgebaut werden. Und was dabei passiert, das erfahrt ihr in unsere Rubrik Besserwissendrin!

Für den Körper ist Alkohol ein Gift, das schnell abgebaut werden muss. Und das macht vorrangig die Leber. Dieses Organ ist dafür zuständig, den ganzen Tag unser Blut zu reinigen. Wenn nun Alkohol im Blut ist, muss die Leber besonders hart schuften: Sie muss den Alkohol aufwendig abbauen und in andere Stoffe umwandeln. Und bei diesem Prozess passieren zwei Dinge:

Durch den Abbau von Alkohol entsteht das Zwischenprodukt Acetaldehyd. Das ist für unseren Körper sogar noch schädlicher als der Alkohol selbst! Es sorgt für Übelkeit bis hin zum Übergeben. Und: es kann Krankheiten auslösen! Zum Beispiel erhöht es das Krebsrisiko.

Beim Abbau des Alkohols bilden sich in der Leber außerdem Fettzellen. Wenn jemand oft und viel Alkohol trinkt, kann die Leber dadurch verfetten und somit dauerhaft so geschädigt werden, dass sie irgendwann gar nicht mehr arbeiten kann.

Das Gute ist aber: Wenn man mit dem regelmäßigen Trinken aufhört, bevor die Leber komplett kaputt ist, kann sie sich meist gut erholen, indem sie die überschüssigen Fettzellen wieder abbaut.

Wenn das mit dem Aufhören nur mal so einfach wäre… Denn Alkohol ist nicht nur ein Gift für unseren Körper. Er ist auch eine Droge. Das bedeutet, dass es vielen Menschen sehr schwerfällt, sich regelmäßiges Trinken wieder abzugewöhnen. Denn Alkohol kann abhängig, also süchtig machen - das heißt: der Körper gewöhnt sich so sehr an den Alkohol, dass er Alarm schlägt, wenn die betreffende Person KEINEN Alkohol trinkt! Und das ist dann wirklich überhaupt nicht mehr lustig, sondern eine Krankheit, ja, ihr habt richtig gehört: Alkoholiker sind suchtkrank. Und das betrifft in Deutschland vermutlich mehr als 1,5 Millionen Menschen! So auch Laura. Sie war lange Zeit alkoholabhängig und hat jeden Tag getrunken. Bis sie irgendwann gemerkt hat: sie muss etwas ändern. Heute trinkt Laura gar keinen Alkohol mehr. Ich will mehr über ihre Geschichte erfahren und treffe sie in ihrer Wohnung in Berlin.

Hallo!

Ah, ich bin richtig. Hallo Laura!

Schön, dass du da bist.

Laura ist 29 Jahre jung, hat lange braune Haare und man merkt, sie mag die Farbe rosa. Sie trägt ein rosa Oberteil und auch in ihrer Wohnung entdecke ich rosa Kerzen, rosa Kissen usw. Und: Laura ist total offen. Und deswegen reden wir auch direkt ganz offen über ihre Alkoholsucht.

Wie hat das angefangen, dass du Alkohol getrunken hast? Gehen wir mal zurück in diese Zeit? Wie alt warst du da und wie kam das, dass du beim Alkohol gelandet bist?

Das erste Mal getrunken, hab ich mit 16, was noch relativ spät war, im Verhältnis zu meinen ganzen Freunden. Die haben alle schon viel früher angefangen.

Und das, obwohl man in Deutschland erst mit 16 Jahren Bier und Wein trinken darf - alle anderen alkoholischen Getränke sogar erst ab 18. In Lauras Umfeld allerdings war das den meisten egal - oder vielleicht fanden sie es auch gerade deshalb interessant und cool.

Man wurde halt jetzt schon sehr gedrängt, zu trinken. Man wurde halt überredet von anderen, dass es halt cool ist, ne, man will ja auch irgendwie dazu gehören.

Puh, ich muss ganz ehrlich sagen: das kann ich schon nachvollziehen. Als in meiner Schulzeit die ersten angefangen haben zu trinken, hatte ich auch das Gefühl, dass ich das jetzt irgendwie auch machen muss. Klar, wir alle wollen ja dazu gehören! Und da dann Nein zu sagen, das ist nicht leicht. Aber nicht nur das: Laura gefiel irgendwann, welchen Effekt der Alkohol auf sie hatte.

Ich hab mich mehr getraut. Ich hab auch langsam gemerkt, dass der Alkohol lockerer macht, mir die Ängste einfach nimmt. Und einfach generell diese Leichtigkeit, die ich durch den Alkohol gespürt habe, die hat mir sehr gut gefallen.

Wir wissen ja schon, dass sich Alkohol einerseits sehr gut anfühlen kann, andererseits aber auch Gift für den Körper ist. Und für Kinder und Jugendliche ist dieses Gift ganz besonders gefährlich. Denn der Alkohol behindert die Entwicklung des Gehirns. Wer also sehr jung schon viel Alkohol trinkt, kann schlechter lernen und bekommt ein schlechteres Gedächtnis. Und: das Risiko, später suchtkrank zu werden, das steigt auch!

Laura und ich haben in der Zwischenzeit beschlossen, einen Spaziergang zu machen. Draußen an der frischen Luft kriegt man einen klareren Kopf und es fällt auch ein bisschen leichter, über Lauras Alkoholprobleme zu sprechen.

Wie war das so im Alltag? Also in welchen Situationen hast du dann getrunken?

Vor allem während Prüfungen, bei Vorträgen in der Uni. Ich hab mir dann immer eine Flasche Vodka Cola gemixt und mitgenommen in Prüfungen. Sogar in Mündlichen.

Mit in die Uni genommen sogar, krass.

Genau und dann vor allem getrunken. Auch sogar als ich in der mündlichen Prüfung saß und mit zwei Dozentinnen, hab ich vor denen die Flasche rausgeholt.

Woah! Hat da irgendjemand mal was gesagt?

Nein. Niemand. Und auf Arbeit hab ich mich dann weggeschlichen, um mir in der Pause am Kiosk was zu besorgen.

Laura hatte irgendwann das Gefühl, ohne den Alkohol ihren Alltag nicht mehr bewältigen zu können. Sie war süchtig. Das wohlige Gefühl vom Anfang bescherte der Alkohol ihr längst nicht mehr - vielmehr war das Betrunkensein für ihren Körper jetzt der Normalzustand! Sie brauchte den Alkohol, um halbwegs sortiert und ruhig durch den Tag zu kommen.

Wieso kann man in so nem Moment dann nicht sagen, jetzt hör ich auf. Also das ist ja bei einer Sucht so, dass es einem schwer fällt, aufzuhören, dass es nicht möglich ist. Wie fühlt sich das an? Warum schafft man es nicht einfach zu sagen, Stopp?

Man muss sich das vorstellen wie so nen richtig richtig starken Juckreiz. Da musst du unbedingt kratzen. Und das muss man sich sogar noch 20-mal stärker vorstellen. So stark ist dieser Druck zu trinken.

Und diesem Druck gab Laura dann immer wieder nach - und aus diesem Teufelskreis wieder rauszukommen, ist extrem schwer. Laura gestand sich lange aber gar nicht ein, dass sie ein Problem hat. Sondern redete sich ein, dass das ganz normal sei und schließlich jeder mal trinke.

Irgendwann kam der Punkt, wo du gesagt hast, das ist ein Problem.

Definitiv.

Wann war dieser Punkt?

Mich hat ne Freundin drauf angesprochen.

Also jemand von außen?

Genau. Jemand von außen hat mich angesprochen und meinte Laura, mir ist es einfach aufgefallen, du trinkst halt relativ viel. Und auch wenn kein anderer trinkt, du trinkst immer. Und geht’s dir denn gut? Und hat mich einfach mal drauf angesprochen.

Das war der Moment, in dem Laura klar wird: Sie muss etwas ändern. Zum Glück bekam sie dabei Unterstützung von ihrer Freundin. Die sagte zu ihr:

Hey, pass auf, bei mir in der Schule hat sich so eine Suchtgruppe vorgestellt. Ich hab dir die Kontaktdaten besorgt. Willst du da nicht mal hingehen?

Okay.

Ich bin dann zu dieser Suchtgruppe gegangen und hab mir wirklich alles angehört, was die da gesagt haben. Und dann gab’s Situationen, wenn ich dann Druck hatte, hab ich dann eben jemand aus der Gruppe angerufen und durch Übungen, durch Ablenkungen dann es geschafft, nicht zu trinken.

Und du hast es geschafft, in dem andere dir geholfen haben. Du hast es nicht allein geschafft. Du brauchtest andere, die dir helfen.

Heute trinkt Laura gar keinen Alkohol mehr. Das ist wichtig, damit sie nicht rückfällig wird und wieder zu viel trinkt.

Wie ist das heute? Wie ist dein Umgang mit Alkohol? Ich mein, er ist ja ständig um uns rum. Wir sind in so einer Kneipenstraße hier, überall sieht man Alkohol. Wie ist das für dich?

Am Anfang war es schon so, dass ich aus Situationen mich ferngehalten habe, wo überall Alkohol war. Und mittlerweile habe ich aber kein Problem mehr damit, auch wenn Leute um mich herum trinken. Das ist halt leider so, dass man dem halt nicht wirklich aus dem Weg gehen kann. Also muss man irgendwie schauen, dass man damit gut klarkommt.

Ich finde Laura und ihre Stärke super beeindruckend. Sie hat es aus der Sucht rausgeschafft. Und mit ihren Social-Media-Kanälen ist sie heute ein Vorbild für junge Menschen.

Ich find das super. Du erreichst viele Menschen auf Social-Media. Viele gucken dir zu. Was ist dir da besonders wichtig. Was soll da hängen bleiben?

Mir ist sehr wichtig, dass Menschen wissen, wo Alkoholkonsum hinführen kann, gerade auch schon in jungen Jahren. Und sich dann auch anfangen zu hinterfragen.

Ja. Und vor allem, wenn sie mit Alkohol in Kontakt kommen, dann überlegen, ist es überhaupt cool, das zu machen? Und auch Nein sagen, oder?

Genau. Ich find’s auch wichtig, wenn Leute aufhören würden, immer zu fragen “Warum trinkst du denn nicht?” und nicht versuchen, andere zu überreden. Das Selbstbewusstsein sollte man entwickeln, wirklich Nein sagen zu können.

Genau. Diese Stärke darf man auf jeden Fall haben. Das wissen wir dank Leuten wie dir. Danke, dass du deine Story mit uns geteilt hast.

Sehr gerne.

Was für eine Geschichte! Sie hat mir gezeigt: Dass Alkohol in unserer Gesellschaft so normal ist, ist eigentlich ein Problem: Denn lange nicht jeder kann damit umgehen - gerade, weil es sich anfangs oft angenehm anfühlt, ein bisschen, wie es so schön heißt, "angeheitert" zu sein. Aber Alkohol ist und bleibt eben ein Gift. Darum ist es wichtig, seine Grenzen und die Gefahren zu kennen und vor allem verantwortungsbewusst zu bleiben - ihr wisst schon: nicht zu viel und vor allem nicht so oft… Oder auch einfach komplett NEIN sagen. Was da helfen könnte: dran denken, wie ich mich vorhin im Experiment zum Affen gemacht habe – echt peinlich. So möchte doch eigentlich niemand dastehen - weder vor anderen, noch vor sich selbst.

Das war PUR+ Wissendrin mit mir: Eric. Und falls ihr es noch nicht getan habt: Abonniert gerne den Podcast, damit ihr keine Folge verpasst. Und gebt uns gerne ein paar Sterne, damit andere den Podcast leichter finden.

PUR+ Wissendrin mit Eric ist eine Produktion von Kugel und Niere - im Auftrag des ZDF - und der Redaktion PUR+.