Gewissen: Das passiert, wenn du es ignorierst!

Shownotes

Wann habt ihr das letzte Mal was gemacht, das ihr hinterher bereut habt? Falls euch jetzt was einfällt, dann erinnert ihr euch sicher auch an diese innere Stimme, die euch gesagt hat: das war überhaupt nicht cool. Gestatten: euer Gewissen, besser bekannt als schlechtes Gewissen. Fühlt sich mies an. Ist aber wichtig. Warum? Das klärt Eric in dieser Folge von "PUR+ Wissendrin" für euch – indem er einen Tag lang als gewissenloser Rüpel herumläuft. Ein Experiment, das sich als ganz schön harte Challenge entpuppt – denn die Aufgaben, die Eric vom Gewissens-Experten Dr. Dr. Rainer Erlinger bekommt, haben es in sich: Lügen, Drängeln, Essenverschwenden... Bald wird klar: ein gut trainiertes Gewissen ist hilfreich, weil es uns warnt, BEVOR wir Mist bauen. Außerdem hört ihr in dieser Folge die Geschichte von Luisa, deren Gewissen einmal nicht rechtzeitig Alarm schlug. So verstrickte sie sich in eine kleine Lüge so doll, dass es große Wellen schlug. Wie die sich wieder glätten ließen, erfahrt ihr natürlich auch. Denn bei Wissendrin ist Wissen drin, und PUR+ macht schlau, bis dann ciao ciao.

Diesen Podcast und viele TV-Folgen der Sendung PUR+ findet ihr auf https://www.zdf.de/kinder/purplus

"PUR+ Wissendrin mit Eric" ist eine Produktion von Kugel und Niere - im Auftrag des ZDF - und der Redaktion PUR+
Moderation: Eric Mayer
Gast/Experte: Rainer Erlinger
Autorinnen dieser Folge: Brigitte Böttcher, Eva Knäusl, Elisabeth Veh
Sounddesign: Simone Hundrieser
Produktionsleitung Kugel und Niere: Christian Alt
Produktionsmanagement ZDF: Markward Barollo, Sylvia Wahmes
Redaktion: Brigitte Böttcher, Katharina Kolvenbach
Leitung der Sendung: Silke Penno

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Hi Leute, hier ist Eric von PUR+, und mich beschäftigt was, das ich gerne ändern würde, aber nicht immer ändern kann und dann fühle ich mich irgendwie schlecht. Und wir reden da jetzt drüber. Weil ich ja immer viel für Reportagen unterwegs bin und dann manchmal auch etwas später nach Hause komme als geplant, kommt Folgendes immer wieder mal vor.

Mein Hund Caramello, übrigens bester und süßester Hund der Welt, ist klar, der wartet dann zu Hause auf mich und ist viel länger alleine, als ich das eigentlich möchte. Okay, ich habe eine super Nachbarin, die übernimmt dann das Gassi zwischendurch, die gibt auch gerne Streicheleinheiten. Aber mir tut es einfach total leid, dass er dann trotzdem manchmal ein paar Stunden alleine in der Wohnung ist.

Ich vermiss den dann immer total. Und in meiner Vorstellung zumindest vermisst er mich ja auch. Und ich kann ihn ja schlecht anrufen und Bescheid sagen, hallo, ich komme heute

ausnahmsweise so ein bisschen später.

Das macht mir richtig zu schaffen. Kennt ihr das auch? Diese innere Stimme, die dir sagt, das, was du tust, das ist irgendwie nicht richtig.

Du bist zu spät, schon eine Stunde über der Zeit. Der arme Caramello erwartet sein stunden.

Diese Stimme ist unser Gewissen.

Besser bekannt als das schlechte Gewissen.

Ihr hört Wissendrin, den Podcast von PUR+, mit mir, Eric. Ich bin für euch unterwegs auf der Suche nach Antworten, die sich oft nur durch Ausprobieren finden lassen. Meine Mission, was andere nur wissen, will ich erleben und zwar mit euch zusammen.

Und damit ich nicht der Einzige bin, der hier was Privates preisgibt, habe ich mich mal bei euch umgehört. Wann habt ihr denn ein schlechtes Gewissen?

Ich kriege ein schlechtes Gewissen, wenn ich lüge. Wenn ich zum Beispiel schlecht über einen rede. Wenn man irgendwie nicht so fair zu irgendjemand anderem ist.

Als ich das Geheimnis von einer Freundin tatsächlich weiter erzählt hatte.

Ja, da hätte ich sicher auch ein schlechtes Gewissen bekommen. Verratene Geheimnisse sind so ein Klassiker. Oder Lügen, wenn man die Hausaufgaben vergessen hat.

Oder den Eltern versichert, dass man wirklich gar nicht müde ist. Ich glaube, so viel ist schon mal klar. Ein schlechtes Gewissen haben wir immer dann, wenn wir selbst irgendwie wissen, das war jetzt nicht besonders cool von mir, aber ich kann es leider auch nicht mehr ändern.

Nur, warum ist es eigentlich so? Warum haben wir in solchen Momenten dieses komische Gefühl? Ist das vielleicht sogar für irgendetwas gut?

Und wenn ja, wofür?

Das will ich genauer wissen und dafür bekomme ich Hilfe. Und zwar von Rainer. Mit dem schlechten Gewissen, da kennt sich Rainer super aus.

Er heißt mit vollem Namen Doktor Doktor Rainer Erlinger. Und er ist wirklich der Experte, wenn es um unser Gewissen geht. Aber jetzt mal keine Sorge. Er wird uns nicht einen ewig langen Vortrag halten oder so.

Rainer findet nämlich, Achtung, wenn man das Gewissen verstehen will, dann muss man es erst mal herausfordern. Und mit Mann meint er mich.

Na ja, eine Herausforderung wird es für mich wahrscheinlich schon auch werden.

Deswegen wird er mit mir jetzt ein sogenanntes Verhaltensexperiment durchführen. Also ich würde mal sagen, was jetzt kommt, ist eine richtig fiese Gewissens-Challenge von Rainer. Ich kann es einfach nicht, nee, kann ich es nicht machen.

Also es ist eine Stimme in mir, die jetzt sagt, Eric, das kannst du einfach nicht machen, aber ich habe es gemacht. Rainer wird mir vier Aufgaben geben, die ich durchziehen soll, obwohl ich das normalerweise nie machen würde. Aufgaben, die mir ein schlechtes Gewissen machen.

Von frisch gekochtes Essen wegwerfen, bis zu einem obdachlosen Geld klauen. Krass, oder? Ich ganz allein gegen mein Gewissen.

Das wird grausam, aber ich erzähle euch alles von Anfang an. Es geht ja darum, zu verstehen, was das mit dem Gewissen überhaupt soll. Also warum es dieses echt unangenehme Gefühl überhaupt gibt.

Und wenn man Rainer fragt, dann sagt der, dass das erstmal ziemlich super ist, dieses schlechte Gewissen. Ja, kein Witz, denn Rainer meint, unser schlechtes Gewissen weist uns darauf hin, dass wir gerade was tun, was nicht gut ist. Und damit ich das selbst mal spüre, gibt mir Rainer eine Aufgabe.

Ich soll bei meiner Kollegin Jutta anrufen, die organisiert gerade eine Feier bei uns in der PUR+ -Redaktion. Und da freue ich mich drauf, ist ja klar, wer feiert nicht gerne. Aber Rainer sagt, ich soll mir eine Ausrede ausdenken und einfach absagen.

Also mir ist das voll unangenehm.

Und das ist ganz schön hart. Jutta ist nämlich mega nett und definitiv keine Person, die man einfach so anlügt. Hi du, ich habe gerade eine Drehpause und wollte dir nur schnell sagen, ich kann leider nicht zur Redaktionsfeier kommen.

Ups, jetzt habe ich es einfach gemacht.

Ja, tut mir total leid, weil meine Nachbarin, die ist in der Woche weg und die braucht einen Hundesitter und die findet einfach keinen. Ich muss auf den Hund aufpassen und kann den nicht mitbringen. Leider.

Tut mir leid, wollte ich nur schnell sagen.

Okay, ihr hört das vielleicht meiner Stimme gerade nicht an, aber das ist mir so unangenehm.

Als ich einfach so gelogen habe, hat sich in mir alles zusammengezogen. Und Rainer, der steht die ganze Zeit neben mir, total gespannt, wie es ausgeht und wie ich mich danach fühle.

Und?

Ich habe ein megaschlechtes Gewissen. Hast du gehört, wie traurig sie auch war? Und warum jetzt? Weil du gelogen hast oder weil du dich enttäuscht hast?

Beides. Die hat die Lüge auch nicht so wirklich, ich weiß nicht, ob sie es geglaubt hat oder sie dachte so, ey, wegen so was kommt er jetzt nicht.

Die vertraut dir und die gibt dir was Persönliches Wertvolles von sich selbst, nämlich dieses

Vertrauen.

Und ich hab sie enttäuscht.

Genau, deswegen ist es gut, dass das Gewissen hier sofort sagt, halt, stopp, irgendwas stimmt nicht.

Ich stell mir das ein bisschen vor wie so ein Alarmsignal in unserem Kopf. Es ist super laut und blinkt total hell. Alarm, du bist gerade ein schlechter Mensch.

Hör sofort auf.

Bei Caramello ist natürlich klar, worauf mich der Alarm hinweist. Wenn ich mich nicht gut um meinen Hund kümmere, ja dann geht's ihm auch nicht gut. Oder wenn wir bei euren Beispielen bleiben.

Wer lügt, tratscht oder unfair ist, wenn ich zum Beispiel schlecht über einen rede, der verletzt damit unter Umständen andere Menschen.

So wie ich gerade, Jutta. Oh man ey, das hätten wir also bewiesen. Unser Gewissen haben wir schon, seit wir ziemlich klein sind.

Aber erst ab etwa fünf Jahren bekommen Kinder ein ungutes Gefühl, wenn sie was Böses machen. Vielleicht habt ihr kleinere Geschwister, die vielleicht drei oder vier sind, und auf dem Spielplatz anderen das Spielzeug klauen.

Und wenn ihr dann sagt, hey, das macht man aber nicht, gib die Schaufel zurück, dann haben die noch kein schlechtes Gewissen.

Sie wissen es einfach noch nicht, dass das jetzt nicht so toll war. Sie sind noch zu jung, also seid ein bisschen nachsichtig. Aber genauso wie wir ist das Gewissen immer größer geworden und mit uns sozusagen mitgewachsen.

Und es hat dabei auch dazugelernt. Das Gewissen könnt ihr euch vielleicht wie eine riesengroße Festplatte vorstellen, die Regeln speichert. Nicht so was wie, sondern Regeln, die dafür sorgen, dass unser Zusammenleben klappen kann.

Du darfst andere nicht wehtun, lügen ist unfair oder ganz allgemein. Tu nur Dinge, die du auch noch okay fändest, wenn andere sie täten.

Was das bedeutet, merke ich, als ich mit Rainer unterwegs bin. Wir wollen mit der S-Bahn durch Berlin fahren. Und Rainer stiftet mich schon wieder zu was an.

Gut, natürlich nur, damit wir das Gewissen noch ein bisschen besser verstehen können. Ich soll ohne Fahrschein fahren und mich wie ein blöder Rüpel in den Zug reindrängeln und auch noch andere Leute dabei auf die Seite schubsen. Oh ey, meine erste Reaktion, ne, das geht gar nicht. Nein, ich kann nicht ohne Ticket Bahn fahren. Keine Rücksicht auf die anderen Fahrgäste nehmen. Irgendwie reinquetschen, keinen aussteigen lassen, kein Ticket haben.

Da ist sie wieder, meine innere Stimme. Aber ich versuch's trotzdem. Also am Bahnsteig ist es super voll.

Aber trotzdem gibt man normalerweise aufeinander acht. Das mache ich jetzt nicht. Ich drängle mich in den Zug, vorbei an den Leuten.

Zwei Leute sagen, ey, einer nennt mich Idiot. Zu Recht, denke ich. Drinnen möchte ich am liebsten im Boden versinken.

Und da fällt mir ein, dass ich ja auch gar kein Ticket habe. Aber es ist natürlich ein Gefühl von Bescheißen. Es ist auch ein Gefühl von Bescheißen.

Von denen ist das Gefühl vollkommen richtig.

Plötzlich wird mir klar, dass das eben auch so eine Regel ist für unser Zusammenleben. Und dass ich sie gerade gebrochen habe.

Da kann man mal nachdenken, was wäre, wenn es alle tun? Und alles, was nicht funktioniert, wenn es alle tun, ist immer schon sehr verdächtig, dass es dann auch wirklich falsch ist.

Wenn alle schwarzweinig werden...

Dann gäbe es keine Einnahmen mehr, dann würden die Züge ausfallen.

Fahrgäste bitte alle einsteigen.

Wir fahren ein paar Stationen, dann steigen wir aus und gehen zu einem Restaurant. Rainer will mir noch was beibringen. Es geht um ein Thema, das mir persönlich total am Herzen liegt.

Essensverschwendung. Jetzt soll ich im Restaurant einen Burger bestellen und den einfach stehen lassen, ohne ihn anzurühren. Einfach bezahlen und gehen.

Der würde ja dann weggeschmissen werden. So was kann ich einfach nicht machen. Das ist halt fies.

Das ist Essensverschwendung. Einfach Essen wegschmeißen finde ich nicht gut. Aber ich muss mich dazu überwinden, das erst mal zu machen.

Boah, der Burger sieht so lecker aus und ehrlich gesagt habe ich inzwischen ganz schön Hunger.

Was, wenn ich vielleicht ein kleines bisschen von dem Brötchen? Nee, ich überwinde mich.

Ich bezahle 13 Euro und gehe einfach aus dem Laden raus. Der Burger bleibt liegen. Und in meinem Rücken spüre ich, wie mich die Blicke der Kellnerin verfolgen.

Ach man ey. Also es hat mich natürlich riesen Überwindung gekostet. Die haben das Essen mit viel Mühe zubereitet.

Und andere Leute haben nichts zu essen. Wir haben schon so viele Sendungen darüber gemacht, dass man Essen nicht vergeudet sollte.

Das eine, dass Leute zu wenig zu essen haben und Hunger haben. Und denen gegenüber ist es wirklich ungerecht und auch eine Unverschämtheit. Und dann natürlich auch gegenüber den Leuten hier im Lokal.

Das ist wie so eine kleine Ohrfeige, die die bekommen.

Rainer wollte mir mit dem Burger noch was anderes klarmachen. Das Gewissen reagiert stärker, wenn wir es trainiert haben. Das Gewissen ist nämlich wie ein Muskel, den man trainieren kann.

Und mit dem Thema Ernährung habe ich mich einfach schon total oft beschäftigt.

Man hat es ganz schön gesehen bei dem Burger. Da hast du gesagt, dass du deswegen sofort ein schlechtes Gewissen hattest, weil du ja schon viele Sendungen darüber hattest.

Da ist mein Gewissen schon gut gestult.

Genau, und man muss das Gewissen durch Nachdenken schulen, damit es dann, wenn es mal schnell gehen muss, schnell arbeiten kann.

Tja, und der Fall tritt dann auch kurz darauf ein. Es ist für mich die absolut krasseste Situation in diesem Experiment. Eine Situation, bei der ich auch ein bisschen sauer auf Rainer werde, um ehrlich zu sein.

Ich meine, dass er mich überhaupt sowas fragt. Also, ich bin immer noch mit Rainer unterwegs.

In der Nähe der Straße liegt jemand auf einem Karton.

Ein Obdachloser, zugedeckt mit einem Schlafsack. Daneben ein Kaffeebecher mit Kleingeld.

Normalerweise würde ich überlegen, ob ich ihm da jetzt was reinwerfe.

Aber Rainer sagt, ich soll ihm Geld aus seinem Becher klauen. Ich schaue auf den Obdachloser.

Ich gucke mir das jetzt mal an, die Situation.

Aber das fühlt sich allein schon, wenn ich dran denke, fühlt sich das so schlimm an, dass ich das, glaube ich, nicht machen will. Der schläft, ne? Der wird das jetzt nicht merken.

Experiment hin oder her, irgendwo ist auch mal Schluss, das mache ich jetzt nicht.

Ey, sorry Rainer, das geht gar nicht. Und er stimmt mir zu.

Wir hätten es auch nicht gemacht.

Ah, ihr hättet es nicht gemacht?

Nein, das ist kein Battle, das ist ein Schauspieler.

Das ist nicht euer Ernst.

Echt jetzt? Das ist ein Schauspieler und wir wollten einfach wissen, wie weit du mitmachst.

Echt?

Das war also genau der Moment, den Rainer meinte. Manchmal muss das Gewissen schnell sein und ganz fix zwischen richtig und falsch unterscheiden. Am besten bevor wir etwas tun, das uns hinterher dann Leid tut.

Der Mann, der einen Obdachlosen gespielt hat, um mir das bewusst zu machen, lacht mich an und wünscht mir alles Gute. So ein bisschen wirkt der Mann, als wäre er froh, dass mein inneres Alarmsystem rechtzeitig losgegangen ist. Als hätte er schon Leute getroffen, bei denen das vielleicht nicht so gut funktioniert hat.

Jedes Gewissen ist eben ein bisschen anders. Je nachdem, was wir schon so erlebt haben. Und wie gut unser Gewissen trainiert ist.

Allerdings muss ich gestehen, die anderen Sachen hätten mein Gewissen auch schon überschritten. Und deswegen habe ich, ohne dass du es gewusst hast, ein Ticket für dich gelöst.

Nein!

Du bist nicht schwarz gefahren.

Ich hatte ein Ticket! Ja, du hattest ein Ticket. Das hatte nur ich in der Tasche.

Der Burger ist auch nicht weggeschmissen worden. Den hat nämlich der Wirt aufgegessen. Da gibt es ein Foto, wie er...

Nein!

Ihr seid echt verrückt.

Aber die Redaktionsfeier habe ich abgesagt.

Die musst du jetzt noch anrufen.

Hi, hier ist Eric. Grüß dich. Du, ich muss dir kurz was sagen.

Ich komme doch zu unserer Redaktionsfeier. Zum Glück kann ich die Sache relativ einfach klären und Jutta ist auch nicht sauer. Mein Gewissen ist beruhigt.

Aber was, wenn man was Schlimmes gemacht hat, dass sich die Zeit nicht mehr in Ordnung hat? Und was man nicht so einfach aus der Welt räumen lässt, wenn der Alarm im Kopf also mal zu spät losgeht? So war es bei Luisa.

Sie hat sich in eine kleine Lüge so verstrickt, dass, naja, hört am besten selbst. Für uns hat sie ihre Geschichte aufgeschrieben.

Das Ganze ist jetzt über ein Jahr her, aber immer noch fällt es mir schwer, darüber zu sprechen.

Aufschreiben geht leichter. Also es war so.

An der Schule von Luisa geht damals ein Gerücht um, dass da ein Mann Kinder anspricht und versucht, sie in ein Auto zu locken. Boah, das klingt total gruselig. Aber Luisa, die findet das ja auch so ein bisschen spannend.

So spannend, dass sie mit ihren Freundinnen und Freunden über den Mann sprechen will.

Allerdings erfindet sie da auch ein bisschen was dazu.

Irgendwie kam ich da auf die Idee zu sagen, was ich ihm gesehen habe. Ich erzählte, dass er mich am Arm festgehalten habe. Dann hätte ich mich losgerissen und ich wäre weggerannt.

Luisa denkt, sie hat da was Spannendes zu erzählen. Sie ahnt in dem Moment gar nicht, wie die anderen Kinder reagieren. Die sind nämlich total schockiert. Und klar, die bekommen Angst.

Keiner fühlte sich mehr sicher. Ein Junge hat sogar geweint. Sie fragten, ob das wirklich stimmt.

Da konnte ich nicht mehr zurück und betonte, es sei alles wahr.

Tja, und jetzt überlegt mal, wie es weitergeht. Die Kinder kommen nach Hause und erzählen natürlich ihren Eltern davon, was Luisa passiert ist. Und die Eltern, die machen sich auch

Sorgen.

Die rufen noch abends bei der Schulleitung an und sie wollen, dass die Polizei das Schulgelände überwacht. Die Sache wird richtig groß. Und Luisa hat das wahnsinnig schlechteste Gewissen aller Zeiten.

Denn sie ist in diesem Moment ja die Einzige, die weiß, dass das alles gar nicht stimmt.

Mir ging es immer schlechter. Irgendwie war klar, ich musste sagen, dass es diesen Mann gar nicht gibt und dass keiner mehr Angst haben muss.

Luisa ist hin und her gerissen. Ehrlich, ich weiß nicht, was ich gemacht hätte. Aber dann macht Luisa einen echt guten ersten Schritt.

Sie spricht mit ihrer Mutter. Und die hört ihr ganz genau zu und ist für sie da. Zusammen rufen sie Luisas Lehrerin an, ziehen sie ins Vertrauen und überlegen sich dann zu dritt einen Plan.

Und wisst ihr, auf was sie gekommen sind? Auf eine Beichte. Und zwar per Brief.

Die Idee ist, Luisa schreibt ihre Geschichte auf, so wie sie sie mir geschrieben hat, und liest sie am nächsten Tag den anderen Kindern in der Schule vor.

Die Nacht vor meiner großen Beichte war die schlimmste meines Lebens. Ich habe vor lauter Angst kaum geschlafen. Ich stellte mir vor, wie die anderen hinter meinem Rücken über mich redeten.

Zum Glück ist Luisa nicht allein. Ihre Mama kommt mit in die Schule.

Ich hatte solche Angst. Ich war mir sicher, dass meine Klasse mich ausgrenzen würde. Als

Bestrafung für meinen schlechten Charakter.

Im Klassenzimmer setzen sich alle in einen Kreis. Und dann liest Luisa vor.

Liebe Klasse, es tut mir sehr leid, aber ich habe euch gestern eine Geschichte erzählt, die nicht stimmt. Niemand hat mich angesprochen und am Arm festgehalten. Ich weiß nicht genau, warum ich gelogen habe.

Wahrscheinlich wollte ich einfach im Mittelpunkt stehen.

Boah, ich habe ein bisschen Gänsehaut. Und ich finde es total mutig von Luisa, ihren Fehler zuzugeben. Und das vor allen anderen.

Ich verstehe, wenn ihr mir jetzt erst einmal nicht mehr glaubt oder sauer auf mich seid.

Luisas Sorgen waren übrigens unbegründet. Ihre Klasse reagiert total nett. Viele bedanken sich sogar bei ihr, dass sie ihren Fehler zugibt. Und dass sie jetzt keine Angst mehr haben müssen. Ich finde, die Geschichte von Luisa zeigt am allerbesten, wie gut es ist, dass wir ein Gewissen haben. Weil es uns, selbst wenn wir denken, dass es schon zu spät ist, einen Schubs in die richtige Richtung geben kann.

Mich würde jetzt interessieren, was ihr mit eurem Gewissen schon so erlebt habt. Jetzt mal ehrlich, ich wette, jede und jeder von euch hat eine ähnliche Geschichte in petto. Also her damit.

Schreibt mir an wissendrin@zdf.de oder in die Kommentare auf der Podcastseite. Das war die erste Folge von PUR plus Wissendrin mit mir, Eric. Und ich verrate euch jetzt noch schnell, wovon ich euch beim nächsten Mal erzähle, nämlich von Panik,

Und bis die neue Folge in zwei Wochen rauskommt, könnt ihr euch ja die Zeit auf zdftivi.de vertreiben und eine der vielen PUR plus Folgen anschauen. So Leute, jetzt muss ich echt los, heim zu Caramello. Der ist ja allein.

Und da ist es wieder mein schlechtes Gewissen. PUR plus Wissendrin mit Eric ist eine Produktion von Kugel und Niere. Im Auftrag des ZDF und der Redaktion PUR plus.